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Ein eigenes Leben, ja?

13. August 2011

Ich habe mir dieses Leben nicht ausgesucht. Das Leben, in dem ich nie auch nur einen einzigen, wahren Freund hatte. Das Leben, in dem ich immer andere Sachen mochte als die anderen und diese immer zu sehr mochte, ich habe mir nicht ausgesucht, dass es niemand wert war, von den Dingen zu erfahren, die mich bewegt haben. Ich habe mir dieses Leben ohne Liebe nicht ausgesucht. Dieses Leben, in dem ich immer alles alleine gemacht habe. Immer. Alles. Dieses Leben, in dem ich nachts in meinem Bett liege und mich selbst umarme, weil es sonst keiner tut. Oder je getan hat. Und weine, weine, weil ich nicht anders kann, weil es so wehtut. Dieses Leben, in dem ich erst schlafen kann, wenn mich die Schmerzen müde gemacht haben. Ich habe mir dieses Leben an diesem Ort nicht ausgesucht. Einem Ort, an dem ich mich gefagen fühle und an dem ich gefagen bin. Ich habe das so nie gewollt. Ich wollte frei sein und Dinge entdecken und leben und lieben und Menschen um mich herum haben, die Straßen um mich herum kennen, den Himmel sehen, so oft wie möglich. Dafür, dass es nicht so ist, kann ich nichts. Ich habe mir nicht dieses Leben ausgesucht, in dem ich mich nicht traue zu träumen, weil nie etwas von dem wahr wurde, was ich wollte. Dieses Leben in dem ich selbst nie wahr wurde. Ich habe es mir nicht ausgesucht. Ich wollte das alles nicht. Ich wollte mehr. Und ich habe mir nicht ausgesucht, mehr zu wollen, ich habe mich nicht dafür entschieden, nicht zufrieden zu sein. Ich habe mir dieses Leben, in dem es keinen Moment des Glücks ohen Arbeit und Selbstbetrug gibt, nicht ausgesucht. Ich will glücklich sein und dass das nicht funktioniert ist nicht meine Schuld. Ich habe mir dieses Leben, in dem nie etwas nach Plan lief, nicht ausgesucht, ich hatte einen Plan, ich hatte viele, aber in diesem Leben musste ich lernen, dass Pläne keinen Sinn machen und Träume nutzlos sind. Und dennoch: Ich habe das so nie gewollt. Ich bin nicht schuld daran. An gar nichts. Ich bin nicht der Fehler. Dieses Leben ist es. Ich bin okay so, wie ich bin. Aber dieses Leben höhlt mich aus. Dieses Leben zwingt mich zu glauben, dass ich der falsche Mensch bin, weil es mich mit jedem Tag mehr zu einem solchen macht. Weil es die Dinge, die gut an mir sind, verkommen lässt und meine schlechten Seite begünstigt. Und, scheiße, verdammt, ich bin dieses Leben so leid. Ich will endlich ein eigenes.

flugunfaehig

10 Kommentare leave one →
  1. 13. August 2011 1:27 pm

    Hm.. erinnert mich an:

    (ansonsten : ich dachte auch mal so ähnlich. Nur Warten bringt es nicht. Mittlerweile bin ich nach einigen impulsiven Entscheidungen in einem Leben angekommen, in dem ich zwar alles kenne und umarmt werde, aber die Freiheit fehlt. Irgendwas ist immer verkehrt. Wenn man das einmal akzeptiert hat, lebt es sich leichter.)

  2. Namenslos permalink
    13. August 2011 1:50 pm

    Ich kenne dich nicht und weiß nicht, was du alles so erlebt hast, aber durch diesen Artikel kann ich dich verstehen, da mir so einige dieser Gedanken und Gefühle sehr bekannt vorkommen.

    Jeder Mensch sehnt sich nach Menschen, die einen lieben und die man selbst liebt. Diese sind aber nicht überall zu finden, sie tauchen nicht auf Kommando auf. Trotz des Alleinseins denke ich mir oft, dass es besser ist sich mit sich selbst zu beschäftigen, als irgendwelche Leute um sich herum zu haben, die einem nichts bringen. Die hat man ja so oder so um sich. Naja…

  3. 13. August 2011 4:14 pm

    „Alles, was die Seelen ersehnen, werden sie erhalten.“
    Khalil Gibran

  4. 13. August 2011 7:59 pm

    Danke, dass du einmal mehr Worte findest.

  5. 13. August 2011 8:59 pm

    Ich glaube, zu diesem Artikel finde ich nur unpassende Worte. Also lasse ich es ganz einfach. Dieser Kommentar ist Schweigen und eine Umarmung.

  6. 15. August 2011 10:29 pm

    Mir geht es genau so.

  7. 18. August 2011 4:51 pm

    Ich möchte dich immer zu gern in den Arm nehmen wegen deiner Texte und dir sagen, dass du auf mich so wundervoll wirkst.

    Tom.

  8. 1. September 2011 2:31 am

    „Wer aufhört zu träumen, hat aufgehört zu leben.“
    Weisheit der Aborigines

    Wir sind das LIcht am Ende des Tunnels, das wir nicht sehen.

  9. 16. Januar 2012 9:29 pm

    Ich glaube, noch nie haben Worte wie diese mein Leben so gut beschrieben.

Trackbacks

  1. Neunnachneun « Ansichten aus dem Millionendorf

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